Kristin Bartels, Foto: Erika Babatz

Foto: Erika Babatz

Kristin Bartels, Foto: Erika Babatz

Kristin Bartels

Kuratorin

Liebe Kristin, Du bist nun seit fast genau einem Jahr Kuratorin am Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung. Was machst Du eigentlich an einem normalen Arbeitstag?

Der Arbeitsalltag am Bauhaus-Archiv sieht ja gerade etwas anders aus, da unser Haus geschlossen ist und wir in einem Interimsgebäude arbeiten. Ich freue mich schon darauf, wenn wir endlich in den Neubau ziehen können, mit Museum, Archiv, Bibliothek und Depots an einem Ort!
So oder so gehört es zu meinen Aufgaben, mich mit meinen Kolleg*innen um die Pflege der Sammlung zu kümmern – das heißt im Blick zu behalten, in welchen Bereichen wir noch gerne weiter sammeln würden, was restauriert werden muss, was vielleicht umgelagert ... Da ich noch nicht so lange am Bauhaus-Archiv bin, bin ich auch immer noch dabei, mich in meine Sammlungsbereiche einzuarbeiten. Das ist bei der Vielzahl der Objekte und Dokumente nicht so schnell getan! Außerdem recherchiere ich viel zur Gesellschaft, Kunst und Kultur der Weimarer Republik, um das Konzept für die Sammlungspräsentation im Neubau voranzubringen.
Zu meinem Job gehört es auch, wissenschaftliche Anfragen zu beantworten, Ausstellungen zu eröffnen, an denen wir beteiligt sind, und natürlich erledige ich auch den Papierkram, wie er überall anfällt.

Wie bist du zum Bauhaus gekommen?

Zum Bauhaus gekommen bin ich eher über Umwege. Im Nachhinein sage ich mir aber, vielleicht sollte es so sein. Ich komme aus Halle/Saale und kannte das Bauhaus schon seit meiner Jugend, auch wenn ich es eher mit Lyonel Feininger, der Burg Giebichenstein und Walter Funkat in Verbindung gebracht habe. Ich habe Kunst- und Kulturgeschichte in Leipzig studiert und dort, am Museum der bildenden Künste, habe ich auch angefangen kuratorisch zu arbeiten. 2017 bekam ich dann die Chance, zusammen mit einer Kuratorin des Landesmuseums für Kunst und Kultur in Münster die Ausstellung „Bauhaus und Amerika. Experimente in Licht und Bewegung“ zu kuratieren. Hier ging es uns um die Verbindung von Bildender und Darstellender Kunst und wie z.B. die Bauhaus-Bühne die Kunstproduktion in den USA beeinflusst hat. Und nun bin ich hier am Bauhaus-Archiv und kann mit der weltweit größten Bauhaus-Sammlung arbeiten!

Welche Rolle spielt die Sammlung in deiner täglichen Arbeit?

Eine sehr große Rolle! Als zuständige Kuratorin für die Bildende Kunst – also Gemälde, Skulptur und Grafik – und die Fotografie tauche ich mit der Zeit immer tiefer in die Sammlung ein und entdecke immer noch Unbekanntes. Bei allein mehr als 72.000 Fotografien kann man sich sicherlich vorstellen, wieviel es da zu entdecken gibt. Gerade bin ich ganz fasziniert davon, Fotografien von Bauhäusler*innen zu sehen, die man eher als Bildende Künstler kennt, wie etwa Lyonel Feininger oder Georg Muche, oder als Metallkünstlerin, wie Marianne Brandt.

An welchem Aspekt deiner Arbeit hast du besondere Freude?

Ich liebe es, mich immer wieder in unterschiedliche Themen einzuarbeiten, neue Arbeiten zu entdecken oder neue Künstler/innen. Die Biografien der Studierenden am Bauhaus sind unglaublich spannend und kaum bekannt! Man lernt einfach nie aus in einem so umfangreichen Archiv. Toll ist es auch, mit den Familien der Bauhäusler/innen persönlichen Kontakt zu halten und Dinge zu erfahren, die – bisher – in keinem Buch stehen.

Jeden Tag Bauhaus. Kriegt man das auch mal über?

Nein! Denn das Bauhaus ist so facettenreich, es gibt immer wieder Überraschungen. Und wir sind ja nicht auf das materielle Erbe beschränkt. Die Fragen, die das Bauhaus beschäftigt haben, und die Ideen, die es entwickelt hat, sind immer noch aktuell. Auch heute wird Wohnraum vielerorts wieder knapp und wir müssen Lösungen finden, mit unseren endlichen Ressourcen verantwortungsvoll umzugehen. Auch die Frage, welche Rolle die Kunst in der Gesellschaft spielen soll und kann, muss immer wieder neu beantwortet werden. Die Beschäftigung mit dem Bauhaus ist also unendlich anregend.