Erika Babatz, Aus der Serie "Abysaal", Abysaal 30, 2012, Fotogramm auf Bromsilber-Barytpapier, 18 x 12 cm, Papier © Erika Babatz

Erika Babatz, Aus der Serie "Abysaal", Abysaal 30, 2012, Fotogramm auf Bromsilber-Barytpapier, 18 x 12 cm, Papier © Erika Babatz

Wunder aus Chemie und Licht


Die Fotokünstlerin Erika Babatz leitete im Rahmen von original bauhaus einen Workshop zum Fotogramm. Hier spricht sie über den Zauber des Fotogramms und seine Bedeutung für das Bauhaus.

Liebe Erika, was ist ein Fotogramm?

Ein Fotogramm ist Fotografie ohne Kamera. Ein Porträt der Schatten. Man hat eine lichtempfindliche Oberfläche, ein Fotopapier, da legt man Objekte drauf und wirft Licht auf das Ganze. Und wo das Licht nicht hinfällt, bleibt das Papier nach der Entwicklung weiß. Wo keine Objekte liegen, wird das Papier schwarz. Nur drei Zutaten braucht man: Chemie, Licht und einen Gegenstand.

Welche Objekte erzeugen die schönsten Fotogramme?

Man kann grundsätzlich mit aller Art von Objekten Fotogramme machen, aber die schönsten Schatten und Graustufen entstehen durch Objekte, die verschiedene Transparenzen haben: Plastik, Glas, Blumen, Blätter. Es kommt auch auf die Belichtung an – man kann die Objekte etwas bewegen und dann neu belichten. Ich selbst arbeite am liebsten mit Müll: mit Dingen, die weggeworfen wurden, die man auf der Straße findet und die scheinbar wertlos sind.

Du machst also Schönheit aus Müll?

Ich versuch’s. Es gelingt mir nicht immer, aber ich versuch’s!

Bei „original bauhaus“ gibt es ja ein ganzes Ausstellungskapitel zum Fotogramm. Wieso ist das Fotogramm so wichtig für das Bauhaus?

Es gibt in der Fotografiegeschichte einen schönen Streit darüber, wer das Fotogramm erfunden hat – ob Man Ray in Frankreich oder Moholy-Nagy in Berlin und später am Bauhaus. Eigentlich wurde das Fotogramm schon im 19. Jahrhundert erfunden von Talbot, aber dann war es lange vergessen. Zu einer Kunstform hat es aber meiner Meinung nach erst Moholy-Nagy erhoben. Zusammen mit seiner Frau Lucia Moholy, die Fotografin war, experimentierte er intensiv mit der kameralosen Fotografie. Moholy-Nagy hat als erster das Wort „Fotogramm“ benutzt. In einem Essay vergleicht er das Licht als neu entdecktes Gestaltungsmittel mit der Farbe in der Malerei oder dem Ton in der Musik.

Für das Bauhaus war das Fotogramm wichtig, weil man mit ihm die Eigenschaften des Lichtes und der Objekte erkunden kann – und wie man eine dreidimensionale Welt auf einer zweidimensionalen Fläche widergeben kann. Das Fotogramm ist eine wunderbare Spielerei, bei der man viel lernt. Das war auch der Ansatz des Vorkurses am Bauhaus.

Du sprichst vom Zauber des Fotogramms. Worin liegt diese Magie?

Das Fotogramm entsteht mit einer Ahnung. Man lernt, mit den Objekten und dem Licht zu spielen, aber man weiß nie, wie das Ergebnis aussehen wird. Das entwickelte Bild sieht immer anders aus als das, was man sich vorgestellt hat. Diese Unbeherrschbarkeit, der Zufall und die Überraschung am Ende machen es zu einem magischen Verfahren.

Der Workshop „Fotogramme – Fotografie ohne Kamera“ mit Erika Babatz fand am 22.9.2019 in der Berlinischen Galerie statt.

Alle Bilder © Erika Babatz

original bauhaus, Abbildung: Sitzende mit Bühnenmaske von Oskar Schlemmer im Stahlrohrsessel von Marcel Breuer, um 1926. Foto: Erich Consemüller, Bauhaus-Archiv Berlin / © Dr. Stephan Consemüller

original bauhaus, Abbildung: Sitzende mit Bühnenmaske von Oskar Schlemmer im Stahlrohrsessel von Marcel Breuer, um 1926. Foto: Erich Consemüller, Bauhaus-Archiv Berlin / © Dr. Stephan Consemüller

original bauhaus

Die Jubiläumsausstellung

06.09.2019-27.01.2020