Alma Mahler, 1909, Foto: Aimé Dupont, Bauhaus-Archiv Berlin

Der Briefwechsel Alma Mahler – Walter Gropius 1910–1964

„Jetzt erst verstehe ich den Sinn des Lebens“

Erschließung der Quellen und kommentierte Hybrid-Edition. Teil 1: 1910–1915

Im Sommer 1910 lernte die junge, musikalisch ausgebildete Alma Mahler (1879–1964) den damals noch unbekannten Architekten und späteren Gründer des Bauhauses Walter Gropius (1883–1969) kennen. Als Gustav Mahler von der Liaison erfuhr, hob er das Komponierverbot auf, das er der jungen Braut als Bedingung zur Eheschließung auferlegt hatte, und förderte nun ihre musikalische Entwicklung als Komponistin.

Der ca. 850 Briefe von Alma Mahler und ca. 700 Briefentwürfe von Walter Gropius umfassende Briefwechsel der Jahre 1910 bis 1964 aus dem Bauhaus-Archiv Berlin erklärt nicht nur ihre Tätigkeit und ihr Selbstverständnis als Komponistin näher, sondern vor allem ihre Aktivitäten als Kunstmäzenin und Organisatorin des Musik- und Kulturlebens in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Bereits ihr jüngst edierter Briefwechsel mit Alban Berg und Arnold Schönberg hat zeigen können, welch großen Einfluss Alma Mahler als kulturell Handelnde im Bereich der Musik zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte. Auch die Rezeption der Werke Gustav Mahlers wäre ohne sie anders verlaufen. Werke dieser drei Komponisten sind auch Gegenstand des größtenteils noch unpublizierten Briefwechsels mit Gropius.

Dieser erhellt in auch bei Alma Mahler seltener Offenheit nicht nur näher ihre, durch spätere Selbstdarstellungen teils verunklarte Biographie, sondern neben der Musik- auch die Architekturgeschichte der 1910er bis 50er Jahre. Alma Mahlers großer Einfluss wird hier deutlich in ihrer aktiven Auseinandersetzung mit den frühen Entwürfen von Gropius, ihrer Anregung durch Zusendung von ausländischer Literatur und Vermittlung von Aufträgen bzw. Kontakten sowie ihre Forderung nach herausragenden Leistungen. Ebenso erschließt der Briefwechsel auch die Entwicklung des theoretischen Schaffens von Gropius sowie seiner biographischen Entscheidungen näher.

Insbesondere die Phase vom Beginn der Beziehung mit Walter Gropius 1910 bis zur Eheschließung mit Gropius 1915 stellt hier ein zentrales Zeugnis dar. Die Quellen sind größtenteils vollkommen unsortiert und undatiert überliefert, die überwiegend lediglich stichwortartigen Briefentwürfe von Gropius größtenteils unzusammenhängend und äußerst schwierig zu entziffern. Die Erschließung des Materials stellt eine philologisch sehr anspruchsvolle Aufgabe dar, die nach langjähriger Vorarbeit nun möglich ist.

Alle Quellen sollen möglichst vollständig ediert werden. Die Edition erscheint erstens in einer Buchpublikation als Transkription mit überleitenden und einzelnen Kommentaren in knappster Form, und zweitens online im open archive walter gropius als Image-Digitalisate der Briefe und Briefentwürfe nebst Transkriptionen, normierten Metadaten, wissenschaftlichem Apparat, Themen- und Einzelkommentaren. In Kooperation mit dem Zuse Institute Berlin werden die Daten im TEI-Standard, der auf XML basiert, langfristig gesichert und frei zugänglich gemacht. Sie können mittels Kalliope durchsucht werden.

In einem zweiten, separaten Projektteil ist ein analoges Vorgehen für den Briefwechsel von 1916–1964 vorgesehen.

Projektleitung: Prof. Dr. Jörg Rothkamm (Universität Tübingen), PD Dr. Annemarie Jaeggi (Bauhaus-Archiv Berlin)

Wissenschaftliche Mitarbeiter/innen: Dr. Fabian Kurze (Universität Tübingen), Dr. des. Adriana Kapsreiter (Bauhaus-Archiv Berlin)

Drittmittelförderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Laufzeit: 1. März 2019 – 28. Februar 2022

Weitere Informationen und Publikationsverzeichnisse auf der Website der Universität Tübingen