Lyonel Feininger (Illustration), Walter Gropius (Autor) / Manifest und Programm des Staatlichen Bauhauses, April 1919, mit Titelblatt "Kathedrale" von Lyonel Feininger, 1919 / Bauhaus-Archiv Berlin / © VG Bild-Kunst Bonn

Lyonel Feininger (Illustration), Walter Gropius (Autor) Manifest und Programm des Staatlichen Bauhauses, April 1919, mit Titelblatt "Kathedrale" von Lyonel Feininger, 1919

Lyonel Feininger (Illustration), Walter Gropius (Autor) Manifest und Programm des Staatlichen Bauhauses, April 1919, mit Titelblatt "Kathedrale" von Lyonel Feininger, 1919 Bauhaus-Archiv Berlin © VG Bild-Kunst Bonn

Idee

Das Bauhaus existierte nur 14 Jahre: von 1919 bis 1933. Trotzdem wurde es zur bedeutendsten Schule für Architektur, Design und Kunst im 20. Jahrhundert. In Weimar, Dessau und Berlin aus politischen Gründen immer wieder zu Neuanfängen gezwungen, entwickelte es sich unter den drei Direktoren Walter Gropius, Hannes Meyer und Ludwig Mies van der Rohe laufend weiter. Der Anspruch, Gestaltung von Grund auf neu zu denken und keine überlieferten Gewissheiten zu akzeptieren, ebnete nicht nur den Weg zum künstlerischen Aufbruch in die Moderne. Vielmehr ließ er die Wirkungen des „Experiments Bauhaus“ bis in unsere Gegenwart reichen.

Diesen Holzschnitt von Lyonel Feininger gab Walter Gropius dem Gründungsmanifest und Programm des Bauhauses 1919 als Titelblatt bei. Er zeigt eine Kathedrale, deren Turmspitze von einem Dreigestirn umgeben ist: Es symbolisiert die drei Künste Malerei, Skulptur und Architektur, deren Strahlen hier sinnbildlich ineinanderfließen. Schon in den Bauhütten mittelalterlicher Kathedralen hatten alle Gewerke und Künste gleichberechtigt zusammengearbeitet. Am Bauhaus steht die Kathedrale nun für das Gesamtkunstwerk, das Architektur, Handwerk und Kunst in idealer Einheit verbindet. Damit suchte das Bauhaus die zuvor an den Akademien getrennten Künste wieder zu vereinen, um zu einer zeitgemäßen Kunst und Architektur zu gelangen. Wie schon bei den Reformbewegungen, die dem Bauhaus vorangingen, galt es, eine Antwort auf die Industrialisierung und ihre Folgen zu finden. Die am Bauhaus versammelte künstlerische Avantgarde wollte zu einer gesellschaftsverändernden Kraft werden und einen modernen Menschentyp und seine Umwelt formen. In einer transdisziplinären Werkgemeinschaft sollte der „Bau der Zukunft“ – und damit nicht zuletzt die Zukunft selbst – erdacht und erschaffen werden. Diese programmatische Zielrichtung der Schule brachte der Name Bauhaus schlagwortartig zum Ausdruck. Die Herausforderung bestand darin, diese großen Zukunftsideen in einen realen Ausbildungsgang münden zu lassen.

Wenn auch Anspruch und Wirklichkeit am Bauhaus nicht immer zur Deckung kamen: Die vielfältigen Wirkungen dieses Experiments reichen bis in unsere Gegenwart. Mehr noch als die Lösungen im Einzelnen faszinieren bis heute die modellhafte Haltung und der Wille, die Dinge von Grund auf neu zu denken. So wurde das nur 14 Jahre bestehende Bauhaus zum Leitbild der Reformbestrebungen seiner Zeit – und erfährt bis heute anhaltenden Zuspruch. „Eine solche Resonanz kann man nicht mit Organisation erreichen und nicht mit Propaganda“, formulierte Mies van der Rohe, der dritte und letzte Direktor des Bauhauses. „Nur eine Idee hat die Kraft, sich so weit zu verbreiten.“